Wir sollten reden … reden über Berufsverbote

Das Thema Berufsverbote prägte zwar intensiv die 70er Jahre, dennoch hat die Aufarbeitung dieses Teils der westdeutschen Geschichte bis heute noch nicht richtig begonnen. Deswegen hat sich der Rosa-Luxemburg-Club (RLC) zwei Betroffene eingeladen. Im Rahmen der Midissage der Ausstellung „Berufsverbote – unbewältigtes Kapitel bundesdeutscher Geschichte“ werden Heidrun von der Stück, Berufsverbotsopfer aus Krefeld und Cornelia Booß-Ziegling, ebenfalls Berufsverbotsopfer und Mitinitiatorin der Ausstellung, berichten, welche Konsequenzen ein solches Berufsverbot hatte und wie sich die Betroffenen dagegen wehrten.

Weiter will der RLC an dem Abend die Rechtmäßigkeit des Radikalenerlasses und die geführten Prozesse beleuchten. Schließlich soll diskutiert werden, wie das Thema politisch aufgearbeitet werden kann: Abschaffung des Radikalenerlasses? Rehabilitation? Historische Kommission? Entschädigung?

Die Veranstaltung findet am Donnerstag,  9. Juni 2016, um 19:00 Uhr in den Räumen der „Galerie lebende Wände“ in der Hauptstr. 2, 41236 Mönchengladbach statt. Der Eintritt ist frei.

Die Ausstellung selbst kann noch bis zum 27. Juni 2016 besucht werden.

Zur Erinnerung:

Am 28. Januar 1972 wurde von der Konferenz der Ministerpräsidenten der Länder unter Leitung von Willy Brandt der sogenannte Radikalenerlass verabschiedet. Durch diesen wurde es möglich, BewerberInnen für den öffentlichen Dienst die Einstellung zu verweigern und schon bestehende Beamtenverhältnisse zu beenden, wenn die Betroffenen „verfassungsfeindliche Aktivitäten“ entwickelten. Dazu gehörte schon das Engagement in legalen, politischen Parteien oder Organisationen. Teilweise reichte schon der Besuch entsprechender Veranstaltungen genauso wie Äußerungen gegen den Vietnamkrieg oder dass die Teilnahme an regierungskritischen Demonstrationen vermutet wurde.

Da der Staat in den stark betroffenen Berufsfeldern wie Schul- und Hochschulbereich, Post und Bahn ein Monopol besaß, konnten die Betroffenen ihre erlernten Berufe nicht ausüben. Deswegen wurde diese Praxis im In- und Ausland als „Berufsverbot“ bezeichnet.

Die ILO (International Labour Organization) der Vereinten Nationen stellte in Bezug auf die Berufsverbote eine Verletzung des Diskriminierungsverbots fest, und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) sprach von einer Verletzung der Meinungs- und Vereinigungsfreiheit: Urteile, die man in Bezug auf die BRD nur selten zu hören bekommt.

Trotz dieser Urteile und auch zahlreicher Proteste aus dem Ausland, gilt der Radikalenerlass in „liberalisierter“ Form noch heute im Bund und in den meisten Bundesländern.

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